Aufwärts stolpern

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Der Podcast für die Kirchgemeinde mit Ambitionen

06-07: «Daniel Frischknecht, was macht ein Mitarbeiterentwickler?»

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Daniel Frischknecht engagiert sich seit 30 Jahren für die Kirchgemeinde Bischofszell-Hauptwil, die letzten 10 Jahre als angestellter Mitarbeiterentwickler, zurzeit mit einem Pensum von 50 Prozent.

Dass Daniel vom Jugendarbeiter zum Mitarbeiterentwickler wurde, hatte mit ihm selber zu tun: «Ich hatte immer mehr Freude, wenn ich andere erfolgreich machen kann als wenn ich selber erfolgreich bin.» Darum übernahm er zwar die Jugendarbeit in einer Vakanzzeit, fand aber keine Erfüllung darin, Angebote zu leiten. Darum entwickelter er sich weiter als Coach und Seelsorger. Parallel dazu wuchs die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von 150 auf 300 Personen, darum schuf die Kirchenvorsteherschaft die Stelle als Mitarbeiterentwickler.

Seine Aufgabe ist es seither, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammenzubringen, sie zu einem Team werden zu lassen und zu schulen. Dann übergibt er die Teams den vollzeitlich Angestellten, die mit ihnen weiterarbeiten. Gleichzeitig unterstützt er auch Leute aus der Kirchgemeinde, wenn sie Ideen haben.

In dieser Sandwich-Position zwischen Behörde, Angestellten und Menschen, die sich engagieren wollen, hat er eine wichtige Funktion als Vermittler zwischen Ideen, Vorstellungen und theologischen Überzeugungen.

Er bringt in der grossen und komplexen Kirchgemeinde auch Teams ins Gespräch miteinander und berät Einzelpersonen in Krisensituationen.

Wie denn das konkret aussieht, will Lukas wissen, zum Beispiel in der Jungschar. Die Jungschar arbeite sehr selbständig, aber er habe es mit der Hauptleitung dann zu tun, wenn es darum geht, neue Leiter einzuführen und zu schulen. Als ausgebildeter Koch gehe er auch mit in Ferienlager, um mit Jungen zusammen zu kochen und sie gleichzeitig zu schulen. Ein weiteres Beispiel: Ein Pfarrer habe zwei Taufgespräche mit religiös sehr unterschiedlichen Familien gehabt, bei denen beide Mütter fanden, es sollte doch ein Angebot für ganz kleine Kinder geben. Daniel brachte die beiden Mütter zusammen und entwickelte mit ihnen in zwei Monaten das neue Angebot «Müslitreff», zu dem unterdessen 15 Personen kommen. Er musste auch kurzfristig ein Budget für das neue Angebot auftreiben.

Lukas fragt, wie man denn überhaupt auf ihn kommt, wenn es um neue Ideen geht. Er sei halt schon seit 30 Jahren in der Kirchgemeinde aktiv, kenne über seine Tätigkeit imTennisclub und anderswo auch sonst viele Menschen. Das wäre anders, wenn man einfach jemanden anstellen würde für diese Aufgabe.

«Werden 18- und 70-Jährige gleich begleitet?», will Anna wissen. Bei den Jüngsten – im Ferienlager-Kochteam kommen 10-Jährige mit – gehe es um Spass und um die Vermittlung des persönlichen Glaubens, sagt Daniel Frischknecht, bei Alten gehe es oft mehr darum, herauszufinden, was sie brauchen, um ihre Arbeit machen zu können. Ihre Erfahrungen für die Kirchgemeinde fruchtbar zu machen, zum Beispiel in der Seniorenarbeit, das sei ebenfalls wichtig.

Wenn Daniel Frischknecht Menschen berät, habe er eine innere Liste von Werkzeugen im Kopf, die er bei Bedarf gebrauche. Er führe auch eine lange Liste vom Lücken, die er füllen sollte. Er strapaziere oft seine Telefonliste von 2000 Personen, die er auf seinem Mobiltelefon habe. «Oft muss man 50 Telefonanrufe machen, bis man eine Zusage erhält, da gibt es nichts zu beschönigen. Allerdings sind auch die anderen 49 Anrufe nicht für die Katz, weil es gute Gespräche sind und man Rückmeldungen erhält.»

Funktioniert das überhaupt, wenn er Leute sucht für Angebote, an denen er dann gar nicht mitarbeitet. Wenn man gut vernetzt ist, geht das, sagt Daniel Frischknecht. Auch Schulungen versuche er, so oft es geht, nicht selber zu leiten, sondern die Schulung mit einer Teamleitung zu planen und alles bereitzustellen, die konkrete Durchführung dann aber den Gruppen zu überlassen.

Ab welcher Grösse es denn einen Mitarbeiterentwickler braucht, fragt Lukas «Jede Kirchgemeinde braucht eine Person, die zu 100 Prozent Ansprechsperson ist für die freiwillig Mitarbeitenden.» Es brauche je nach Grösse der Kirchgemeinde dafür nicht einen Angestellten, aber jemanden, der die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wertschätzt und verdankt. Das solle besser nicht eine Pfarrerin oder ein Diakon sein, weil diese eine klar umrissene Funktion hätten. Es könne auch eine freiwillige Person sei, die diese sensible Aufgabe übernimmt.

Ob denn nicht einfach die Hauptleiterin eines Teams diese Funktion übernehmen könne, fragt Anna. Das komme auf das Konzept der Kirchgemeinde an. Eine neutrale Person habe ein objektiveres Bild der Situation. Wenn eine Mitarbeiterin nur mit dem für ihr Team zuständigen Pfarrer zu tun habe, sei das nicht gut für die Gesamtkirchgemeinde. Menschen sollten ihre Begabungen nicht einer Person zur Verfügung stellen, sondern der Kirchgemeinde. In ihrer Kirchgemeinde gebe es ein Gesamtkonzept für die Betreuung der Mitarbeitenden, so werden alle einbezogen in das Ganze der Kirchgemeinde.

Einen dedizierten Mitarbeiterentwickler zu haben, sei auch aus einem weiteren Grund sinnvoll: Er könne auch mit Menschen reden und sie fragen, ob es nach fünf Konflager vielleicht einmal Zeit sei, eine andere Aufgabe zu übernehmen – Entwicklung eben.

Mit dem Konzept der Gartengespräche (s. Episode mit Thomas Bucher) kann Daniel Frischknecht sehr viel anfangen, weil mit diesen Gesprächen Menschen entwickelt werden – gleichzeitig gebe es Angebote, für die man einfach Menschen suchen müsse.

Was hat sich verändert in den letzten 30 Jahren in Sachen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Vor zehn Jahren sei es klar gewesen, sagt Daniel Frischknecht, dass er Kurse anbiete: Kochkurse, Lektoren-Schulungen und so weiter. Dann fingen die Leute an, sich selber Wissen auf YouTube und anderen digitalen Kanälen anzueignen. Aber sie hätten deswegen noch nicht die Kultur der Kirchgemeinde gekannt. Seither brauche es mehr Begleitung und Schulung «on the job». Nicht zuerst ein Kurs und dann Mitarbeit, sondern zuerst Mitarbeit und dann individuelle Förderung.

Zudem sei sei Corona gut zu sehen, dass Menschen nichts mehr machen, das ihnen keinen Spass macht, auch wenn sie es schon zehn Jahre lang gemacht haben. Und alles sei viel kurzfristiger geworden.

Seine Stelle als Mitarbeiterentwickler ist ausschliesslich durch Spendengelder finanziert. Er wird gleich bezahlt wie ein Sozialdiakon.

Hinweis auf die Episode über das Buch «No Silver Bullets von Daniel Im: https://aufwaerts-stolpern.podigee.io/37-05-03

Hinweis auf die Episode mit Thomas Bucher, bei der Gartengespräche ein Thema war: https://aufwaerts-stolpern.podigee.io/16-02-07

Bericht über die Episode mit Daniel Frischknecht: https://www.lkf.ch/blog/jede-kirchgemeinde-braucht-einen-mitarbeiterentwickler

Hinterlasst gerne einen Kommentar unten auf der Seite https://aufwaerts-stolpern.podigee.io/51-06-07

Wer in den Shownotes suchen will, findet sämtliche Shownote auf einer Seite: https://www.ref-sh.ch/aufwaerts-stolpern-shownotes

Kontakt mit den Hosts: aufwaerts-stolpern@ref-sh.ch

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Über diesen Podcast

«Aufwärts stolpern», der Podcast für die Kirchgemeinde mit Ambitionen. Hier diskutieren die beiden Hosts Lukas Huber und Anna Näf Ideen und Prinzipien des Gemeindebaus. Angesprochen sind in erster Linie Verantwortungsträger(innen) von Evangelisch-reformierte Kirchgemeinden der Schweiz, vielleicht ist es aber auch für andere Menschen interessant, was Anna und Lukas hier diskutieren. «Aufwärts stolpern», ein Podcast des Landeskirchen-Forums.

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Sämtliche Shownotes (Episodenbeschreibungen) zum Suchen finden sich hier:
https://www.ref-sh.ch/aufwaerts-stolpern-shownotes

von und mit Lukas P. Huber und Anna Näf

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