Aufwärts stolpern

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Der Podcast für die Kirchgemeinde mit Ambitionen

11-02: «Christoph Gasser, wie funktioniert Kirche ohne Pfarrer?»

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In der neuen Staffel des Podcasts «Aufwärts stolpern» reden die Hosts Anna Näf und Lukas Huber mit Menschen aus Freikirchen. Christoph Gasser ist von Beruf Förster und Chef des Werkhofs in Schleitheim im Kanton Schaffhausen, ganz am nördlichen Rand der Schweiz. Seit sieben Jahren ist die Gemeinde ohne Pfarrer unterwegs.

Das kam so: Der Prediger der Chrischona Schleitheim kündigte. Die Gemeinde bildete eine Spurgruppe, die am Schluss vorschlug, keinen neuen Hauptamtlichen mehr zu suchen, sondern ohne Pfarrer weiterzumachen. «Wir haben gesagt, in den nächsten zehn Jahren haben wir eine Million Franken zur freien Verfügung, um in Schleitheim Kirche zu bauen», sagt Christoph Gasser. Keinen Prediger zu suchen erschien ihnen risikoärmer als die Stelle wieder auszuschreiben – abgesehen davon, dass sie sich als kleine Freikirche am Rande der Schweiz wenig Chancen auf dem Stellenmarkt ausrechneten. «Was ist der Schlimmste, das passieren kann? Dass wir am Schluss sagen müssen: Okay, wir sind gescheitert, wir brauchen wieder einen Prediger.» Umgekehrt: Wenn man einen Prediger anstelle, dann sei das scheinbar der sichere Weg. «Aber was ist, wenn es dann nicht funktioniert mit dem Prediger? Es ist ein grosses Risiko, alles auf diese eine Karte zu setzen, und es setzt den Prediger unter grossen Druck.»

Zwar bedeutete der Verzicht auf eine feste Pfarrstelle für manche den Verlust von Sicherheit, und manche Menschen haben die Gemeinde seither verlassen. Dafür sind neue Menschen dazugekommen, sodass die Gemeinde eher gewachsen ist.

Geholfen hat der Gemeindeleitung auch, dass sie einmal ausgerechnet haben, wie vielen Stellenprozenten das Gesamtengagament der Gemeinde entspricht. Beim Addieren kamen sie auf 500 Stellenprozente. Das half, im Wegfall der 80-Prozent-Predigerstelle keine Katastrophe zu sehen.

Breitere Theologie ohne Pfarrer

Für die Entwicklung der Gemeinde seither braucht Gasser ein Bild aus dem Forst: «Je heterogener ein Wald ist, desto resistenter ist er gegenüber Störungen.» Ein Pfarrer präge eine Kirche stark mit seiner eigenen Theologie. In der Chrischona in Schlaate – wie Schleitheim im lokalen Dialekt heisst – sei die theologische Spannweite grösser geworden, seitdem die Gemeinde ohne Pfarrer unterwegs ist.

Die Gemeindeleitung habe Kurse organisiert, um die Leute theologisch und im Predigthandwerk zu schulen. Denn die Gemeinde muss ihre Gottesdienste vermehrt selbst gestalten. Zwar werden externe Gäste zu Predigtserien eingeladen, sonst aber gestalten Hauskreise die Gottesdienste, und manchmal, sagt Christoph Gasser, bringen Leute aus der Gemeinde besonders lebensnahe Perspektiven ein. Ein Bauer aus der Gemeinde predigte über Jesu Auftrag «Weide meine Lämmer» – und setzte diesen Gedanken in die landwirtschaftliche Welt mit extensiver und intensiver Tierhaltung. Christoph Gasser war beeindruckt: «Als normaler Mensch kommt man gar nicht auf diese Gedanken.»

Was die Gemeinde gelernt hat

Eines der stärksten Lernfelder war die persönliche Verantwortung der Gemeindemitglieder, zum Beispiel in der Seelsorge. «Wenn jemand in einer Krise ist und du einen Angestellten hast, sagst du: Das soll logischerweise der Prediger machen. Wenn du keinen nicht hast, denkt jeder: Wenn ich es nicht mache, macht es niemand.»

Natürlich gab es auch Schwierigkeiten: Besonders in akuten pastoralen Notfällen fehlen manchmal Ressourcen. Doch der Rückhalt eines Netzwerks von pensionierten Predigern hilft, solche Lücken zu überbrücken.

Gleichzeitig sagt Christoph Gasser, dass auch eine Gemeinde ohne Pfarrperson jemanden braucht, «der den Laden zusammenhält» – in der Chrischona Schleitheim ist das eine 30-Prozent-Sekretariatsstelle.

Teils kritisch, teils interessiert

Das Schleitheimer Modell wird innerhalb des Chrischona-Verbands (oder Viva Kirche Schweiz, wie Chrischona Schweiz seit 2022 heisst) unterschiedlich bewertet – teils kritisch, teils interessiert.

Auf die Schlussfrage, was ihm Hoffnung für die Kirche gibt, kommt Christoph Gasser wieder auf den Forst zu sprechen. In seinem Wald gebe es Bäume, die Napoleon überlebt hätten. Warum also sollte die christliche Gemeinde nicht die aktuellen Herausforderungen meistern?

Wer in den Shownotes suchen will, findet sämtliche Shownotes auf einer Seite.

Kontakt mit den Hosts: aufwaerts-stolpern@ref-sh.ch

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