10-01: «Kirche ist nicht mehr wichtig»
Justus Geilhufe hielt an der Tagung des Landeskirchen-Forums vom 26. Oktober 2024 zwei Vorträge. Im ersten (hier das Video dazu, hier das Audio schilderte der Pfarrer aus Sachsen, wie in Ostdeutschland der sozialistische Staat die Kirche aktiv bekämpft hatte und sie damit gesellschaftlich an den Rand drängte. Das ist in der Schweiz nicht der Fall, doch die Kirche verliert auch hier ihre Position in der Gesellschaft. Co-Host Lukas Huber erzählt dazu ein Erlebnis aus einer der beiden politischen Gemeinden, für die seine Kirchgemeinde zuständig ist: Er wurde wie seine Vorgänger jeweils zum Schulschluss-Essen vor den Sommerferien mit Gemeinderat und Gemeinde-Angestellten eingeladen – bis er nicht mehr eingeladen wurde, und zwar ohne Information, dass man auf seine Präsenz verzichten wolle.
Geilhufes erster Vortrag gipfelte in der Aussage, dass die Kirche in der Minderheitenposition genau einen Auftrag hat: Mission. Im zweiten Vortrag (hier das Video, hier das Audio) sagte er, dass in Ostdeutschland das Konzept «attraktionale Kirche» nicht funktioniere: Man könne schon Sofas in den Kirchenchor stellen, nur verstünden die Menschen dort nicht, was daran cool sein soll. Seinen Auftrag sieht Geilhufe darin, Kontaktflächen zu schaffen und auf «Halbsätze und Andeutungen» zu hören – und im richtigen Moment zu einem Glaubenskurs einzuladen.
Die Landeskirche ist ein Auslaufmodell
In Episode 09-10 bezeichnet der Zürcher Professor für Praktische Theologe, Ralph Kunz, die Landeskirche, wie wir sie heute kennen, als Auslaufmodell. Man könne nicht mehr auf eine allgemeine Religiosität in der Gesellschaft vertrauen. Gleichzeitig werde man in der Kirche gegen den Trend Aufbrüche erleben, die über Beziehungen vermittelt werden und netzwerkartig verbunden seien. Co-Host Anna Näf bestätigt aus ihrer Arbeit in der Winterthurer Jugendarbeit, dass informelle Treffen ohne Traktandenliste viel bringen.
Carsten Heyden war Gast in Episode 8 der letzten Staffel. Er ist zuständig für die Weiterentwicklung der kirchlichen Unterweisung der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn und zeigte sich skeptisch, ob die schulische Form von kirchlichem Unterricht eine Zukunft habe. Er begleitet die Kirchgemeinden darin, ein Gesamtkonzept im Jugendarbeit zu entwickeln. Anna Näf sagt dazu: Wenn der Besuch des kirchlichen Unterrichts nicht mehr selbstverständlich ist, so ist das auch eine Chance, sich zu überlegen, wie man den Unterricht so zu gestaltet, dass ihn Kinder und Eltern als sinnvoll und hilfreich erleben.
Leichtfüssiger unterwegs sein
Gast in Episode 09-05 war der Podcaster Martin Benz. Er sagte auf die Podcast-Schlussfrage, was ihm Hoffnung für die Kirche gebe: «dass die Kirche schrumpft». Zurzeit reagiere die Kirche gekränkt auf den Bedeutungsverlust, doch sei dieser eine Chance, sich auf das eigentliche Kirche-Sein zu besinnen.
Anna Näf teilt die Einschätzung von Martin Benz und betont, dass sich die Kirche gleichzeitig nicht von der Gesellschaft zurückziehen darf, sondern in ihr verwurzelt sein muss; gleichzeitig gilt es, sich bewusst zu sein, dass Christenmenschen in zwei Welten leben.
In der Schlusskurve der Podcast-Episode sagt Lukas Huber, dass ihn der Bedeutungsverlust der Landeskirche an die Realität von Freikirchen erinnert. Diese hätten in den letzten Jahrzehnten keine grosse gesellschaftliche Bedeutung gehabt, seien aber dadurch im besten Fall leichtfüssiger und flexibler gewesen. Darin sieht er auch eine Chance für die Landeskirche.
Diese Episode von Aufwärts stolpern kann man hier anschauen.
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Kontakt mit den Hosts: aufwaerts-stolpern@ref-sh.ch
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