Aufwärts stolpern

Aufwärts stolpern

Der Podcast für die Kirchgemeinde mit Ambitionen

09-10: «Ralph Kunz, was ist künftigen Pfarrpersonen wichtig?»

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Für einen Theologieprofessor braucht Ralph Kunz überraschende Bilder, wenn es um seine Arbeit geht. «Mit Theologiestudierenden ist es wie im Konfirmandenunterricht oder in der Jugendarbeit: Sie kommen aus ganz unterschiedlichen Welten und werden zuerst zu einer Notgemeinschaft, zum Beispiel wenn es um Griechisch und Hebräisch geht.» Seine Aufgabe sieht Ralph Kunz darin, aus der Leidensgemeinschaft eine Feiergemeinde zu machen. Und er will sie intellektuell herausfordern. In Blockwochen regt er die jungen Menschen zum Theologisieren an und zum Nachdenken über die grossen Fragen – auch beim Wandern und Weintrinken.

Es sei im Studium wie in der Kirchgemeinde: Während einer Stunde in der Woche entsteht keine Gemeinschaft. Dazu brauche es Zeit und Beziehung, «ein Ineinanderfliessen der verschiedenen Lebensdimensionen», wie er im Podcast «Aufwärts stolpern» erzählt. So sei auch die «Academia» im alten Griechenland entstanden: in angeregten Diskussionen zu Wein, Fladenbrot und Oliven.

Church Convention als stärkendes Netzwerk

Zusammen mit Studierenden hat Ralph Kunz aus Deutschland die Idee der «Church Convention» übernommen. Dieses Netzwerk soll Studentinnen und junge Pfarrer verbinden und unterstützen, wenn sie in die Kirchgemeinde gehen. Es brauche neben der Kirchgemeinde eine Gemeinschaft, in der man – seelsorgerlich, aber auch geistlich – getragen werde.

Was für eine «Church Convention» denn wichtig sei, will «Aufwärts-stolpern»-Co-Host Anna Näf wissen. «Dass das geistliche Leben ein Leben im Aufbruch ist, das permanent erneuert werden muss», antwortet Ralph Kunz. Prägend sei auch der Grundsatz, nicht permanent über die eigene Kirchenleitung zu schimpfen und schliesslich die Überzeugung, dass das Leben viel Schönes zu bieten habe und genossen werden sollte.

Netzwerke prägen die Zukunft, nicht die Bürokratie

Ein Netzwerk wie die «Church Convention» sieht Ralph Kunz als wegweisend für die Zukunft der Kirche an. «In Umbruchzeiten waren es immer Netzwerke, die die Zeit geprägt haben.» Je schwieriger die kirchliche Lage werde, desto grösser werde die Attraktivität von guten Beziehungen und Netzwerken. In Notzeiten helfen keine «hoch elaborierten bürokratischen Gebilde», sondern «subkutane Hoffnungsbewegungen», die netzwerkartig organisiert sind. Alle kirchlichen Aufbruchsbewegungen in der Geschichte seien nicht in Bürogebäuden entwickelt worden, sondern sie seien von Menschen geprägt worden, die in vertrauensvollen Netzwerken miteinander verbunden waren.

Diese Netzwerke funktionierten wie Fresh Expressions of Church: Manche blühen auf, andere gehen auch wieder ein, das sei auch in Ordnung so. Ein Netzwerk wie die Church Convention müsse so organisiert sein, dass es nicht Energie kostet, sondern Energie gibt und nährt, sagt Ralph Kunz. Er sieht seine Rolle als Unterstützung im Hintergrund; die Church Convention müsse von der neuen Generation geprägt sein.

Es kommt eine gute neue Generation

Co-Host Lukas Huber fragt Ralph Kunz, was sich denn in Kirchgemeinden ändern wird, wenn eine neue Generation von Pfarrpersonen auf den «Markt» kommt. Es seien gute junge Pfarrerinnen und Pfarrer, sagt Kunz. Die meisten kämen mit positiven Erfahrungen in der Kirchgemeinde ihrer Jugend ins Studium und gingen mit hoher Motivation und innerem Engagement, auch im Gemeindeaufbau.. «Was ich mich aber frage, ist: Sind die Kirchgemeinden bereit, sich zu ändern, wenn neu Pfarrpersonen kommen, die die Kirchgemeinde nicht versorgen, sondern aktivieren wollen?»

Lukas Huber fragt den Professor für Praktische Theologie nach seiner Kritik an den kirchlichen Strukturreformen, die er vor vier Jahren geäussert hatte. Seine Kritik sei noch schärfer geworden. Eine Strukturreform ohne inhaltliche Diskussion koste viel Energie, bringe aber wenig. Natürlich müsse man die Strukturen angehen, wo die Ressourcen nicht mehr gegeben seien. Die Gefahr sei aber, dass man eine Strukturreform religiös auflädt und ohne theologische Diskussion eine Art Innvovationsmanie entwickelt. Wenn aber strukturelle Überlegungen vom Evangelium geprägt würden, also von «Glaube, Liebe und Hoffnung», würden sie in der Tendenz mutiger ausfallen.

Differenzierter Blick auf die Kirchgemeinde

Ralph Kunz hat in den letzten Jahren ein massives Bashing der Kirchgemeinde beobachtet. Dabei würden zwei Dinge miteinander vermischt. Menschen leben in einer Nachbarschaft mit physischen Häusern und in einem konkreten Sozialraum von Beziehungen. Das werde sich nicht ändern. Gleichzeitig gebe es den physischen Anspruch von Kirchgemeinden, zu bestimmen, was auf ihrem Boden geschieht. «Da gilt es, die Geister zu unterscheiden zwischen Besitzdenken und Verantwortung für den Sozialraum.» Auch hier gelte es, neue Netzwerke von Christenmenschen zu knüpfen, die sich in einem Raum engagieren, egal, zu welcher Kirche sie gehören.

In alledem verliert Ralph Kunz die Hoffnung für die Kirche nicht, weil sei eine Bewegung des heiligen Geistes sei, die Menschen in Gang setzt. Die Bewegung komme von Gott und die Kirche sei die Gemeinschaft, die hofft, dass die Bewegung weitergeht und wächst.

Wer in den Shownotes suchen will, findet sämtliche Shownotes auf einer Seite.

Kontakt mit den Hosts: aufwaerts-stolpern@ref-sh.ch

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